Abbau der Geburtshilfe in Schleswig-Holstein beenden!

„Das Land muss jetzt sofort handeln!“

An dem Kieler Universitätsklinikum ist eine sichere Geburtshilfe nicht mehr gewährleistet. Die Situation sei teilweise ‚katastrophal‘, berichtet die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung (shz) am heutigen Tage unter Berufung auf zwei Mitarbeiterinnen der Klinik.

Wörtlich erklären die anonym bleiben wollenden UKSH-Angestellten: „Wir können uns nicht mehr so um die Frauen kümmern, wie wir es nach unserem Berufsethos tun sollten und auch wollen.“

Die medizinischen Standards und die erforderliche Fürsorge für die werdenden Mütter sind derzeit nicht vollends gewährleistet. Die Gründe für die besorgniserregenden Überlastungen „sind die Schließungen anderer Geburtskliniken in der Region, beispielsweise Eckernförde oder Preetz.“ Auch die Geburtsstation in Henstedt-Ulzburg soll voraussichtlich im Dezember 2022 geschlossen werden, wie jüngst bekannt wurde. Das UKSH in Lübeck hat ähnliche Probleme mit einer Überfüllung der Geburtshilfe, da auch rund um Lübeck regionale Geburtsstationen wie beispielsweise in Ratzeburg abgebaut wurden.

Dazu erklärt der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Gereon Bollmann, Mitglied im Familienausschuss des Deutschen Bundestags:

„Von 32 Geburtsstationen, die es im Jahr 2000 bei uns in Schleswig-Holstein gab, existieren heute nur noch 16. Diese Zentralisierung ist medizinisch wie menschlich ein Armutszeugnis. Es ist einer modernen Industrienation unwürdig, ausgerechnet werdenden Müttern und jungen Familien lange Fahrtwege rund um die Geburt aufzubürden.

Nun rächt sich, dass die Schließungen der jüngsten Vergangenheit regelrecht im Hauruck-Verfahren durchgedrückt und ohne belastbares Konzept umgesetzt wurden. Die Vorsitzende des Hebammenverbands Schleswig-Holstein, Anke Bertram, hat in diesem Zusammenhang festgehalten: ‚Die Situationen in Lübeck und Kiel zeigen gerade deutlich, dass die Schließungen nicht durchdacht sind. Mit Qualität hat das nichts mehr zu tun. Wir steuern hier mit offenen Augen in die Katastrophe.‘ Diesen Alarmruf einer Vorsitzenden des zuständigen Fachverbandes wischt unsere neue Gesundheitsministerin, eine Jura-Professorin, mit ihrer die Grundversorgung massiv gefährdenden Sparpolitik schnöde beiseite. Das Demokratieverständnis dieser Ministerin ist geradezu erschütternd. Mit Kaltschnäuzigkeit hält sie nicht nur an ihrem Sparkurs fest, sondern kündigt auch noch an, das Ergebnis eines jüngst von ihrer Amtskollegin aus dem Innenressort für zulässig erachteten Bürgerentscheides zum Erhalt einer Entbindungsstation nicht beachten zu wollen.

Die Landesregierung ist jetzt in der Pflicht, sich endlich von ihrem betriebswirtschaftlichen Kostendenken zu verabschieden. Nur durch eine gemeinsame Anstrengung von Kultur- und Gesundheitsressort wird es gelingen, die unzumutbare Situation an den beiden Universitätskliniken im Lande abzuwenden. Auch an den kleineren Kliniken muss dann in einem zweiten Schritt für einen Fachkräfte- und Personalaufwuchs gesorgt werden. Die Aufrechterhaltung und die finanzielle Stärkung gerade kleinerer Klinikstandorte und eine Abkehr vom Prinzip der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sind jetzt das Gebot der Stunde.“