Studie offenbart: Berufsstand der Hebamme vor dem Aus

Deutschland verzeichnet seit vielen Jahren eine verheerend niedrige Geburtenrate. Sie liegt derzeit bei statistisch 1,35 Kindern pro Frau, das ist der niedrigste Stand seit 1996. Und er liegt noch unter dem ebenfalls niedrigen EU-Durchschnitt von 1,45. Für den Erhalt der Bevölkerungszahl wären 2,1 Kinder pro Frau nötig.

Vor diesem Hintergrund bedeutet es eine besondere Bankrotterklärung der deutschen Familien- und Gesundheitspolitik, dass nun ausgerechnet die Hebammen die Flinte ins Korn werfen. Eine aktuelle Untersuchung der opta data Zukunfts-Stiftung, für die über 800 Hebammen des Deutschen Hebammenverbandes befragt wurden, lässt düstere Zukunftsperspektiven für die Geburtshilfe erkennen. Obwohl vier von fünf befragten Hebammen ihre Tätigkeit mit Leidenschaft und Überzeugung ausüben, erwägen 44%, ihren Beruf aufzugeben.

Studienleiter Prof. Dr. Thomas Druyen macht gegenüber der „Bild“-Zeitung die Politik für die verheerende Entwicklung verantwortlich: „Man muss von einer Schock-Studie sprechen, denn wir sehen deutlich, dass der Beruf der Hebammen regelrecht unverschämt, kurzsichtig und weltfremd ignoriert wurde.“ Die Gründe für das Hebammen-Sterben sind vielfältig. Eine erdrückende Belastung durch die Bürokratie beklagen 51% der Hebammen. Für 68% ist die schlechte Vergütung ein zentrales Problem, 35% nennen hohe laufende Kosten.

Die Studie wurde ausgerechnet kurz vor dem Inkrafttreten eines neuen Tarifsystems veröffentlicht. Dieses sieht für freiberufliche Hebammen ab dem 1. November Gehaltseinbußen von bis zu 30 Prozent vor. Ursula Jahn-Zöhrens aus dem Präsidium des Deutschen Hebammenverbandes, appelliert: „Die Ergebnisse der Studie müssen alle wachrütteln!“ und betont: „Es ist nicht egal, wie wir geboren werden!“

Gereon Bollmann, Mitglied des Deutschen Bundestages und im Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, erklärt dazu:

„Aufgrund der sich stetig verschlechternden Rahmenbedingungen blicken fast 60 Prozent der Geburtshelferinnen negativ in die Zukunft. Es kommt hinzu, daß über 60 Prozent der Hebammen befürchten, dass auch eine angemessene Betreuung der Eltern immer schwieriger wird, zumal immer mehr Kliniken schließen, und die Geburtshilfe mehr und mehr zentralisiert wird. Ein Problem, das sich etwa auch in Schleswig-Holstein derart zugespitzt hat, daß nicht nur Hebammen, sondern auch werdende Mütter, Neugeborene und junge Familien in einer zentralen Phase des Lebens von der etablierten Politik im Regen stehen gelassen werden.

Sowohl Experten als auch wir fordern, das Thema Kinder und Geburt ganz oben auf die Agenda zu setzen. Es fehlen seit Jahrzehnten geeignete Ideen, um die allseits bekannte Geburtenlücke zu schließen.

Wir werden unermüdlich daran weiterarbeiten, jungen Familien eine vernünftige Familienplanung zu ermöglichen. Mit den familienpolitischen Kahlschlägen und den Leistungskürzungen unter Merz & Co. muß und wird es ein Ende haben!“

Hebammen unter Druck3