Wir schützen die Verfassung – wer denn sonst?

Meine Stellungnahme zu dem Welt Interview des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht, Prof. Dr. Udo di Fabio zu der angeblichen Verfassungswidrigkeit der AfD war gerade online, als die Dinge weiter Fahrt aufnahmen:

Am 2. November 2018 erschien das Handelsblatt mit der noch recht unverfänglichen Meldung, dass ein internes Gutachten die AfD belaste. Danach rate der Freiburger Staatsrechtler Prof. Dr. Dietrich Murswiek der Partei, bestimmte Ausdrücke und Pauschalurteile zu meiden, um der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entgehen. Auch die Süddeutsche Zeitung ließ sich natürlich nicht lumpen und meldete, die AfD fürchte den Verfassungsschutz und habe ein Gutachten erstellen lassen, um eine Beobachtung durch Verhaltensregeln zu verhindern. Der Befund sei für die Partei „erdrückend“. Die Krone der Medienschaffenden setzte sich dann aber die Redaktion der Tagesschau auf und ließ noch am selben Abend zur „Prime Time“ in ihren 20:00 Uhr Nachrichten einen fast zweiminütigen Bericht über den Sender gehen, den man in seiner Einseitigkeit kaum fassen mag.

Wenn die Katze einmal aus dem Sack ist, überschlagen sich die Dinge bekanntermaßen und so schütteten unsere „Qualitätsmedien“ schon am 4. November 2018 weiter Salz in die Suppe: Mit dem Opener: „Debatte um Beobachtung der AfD durch Verfassungsschutz neu entbrannt“ lässt sich erneut das Handelsblatt vernehmen und behauptet unter Hinweis auf das besagte Gutachten frech, dieses benenne Gründe für eine Observierung der Partei. Auch wird nunmehr ergänzende Autorität an Bord geholt: Danach hält der Staatsrechtler Joachim Wieland, das Gutachten für ein „klassisches Eigentor“. Nach dem Göttinger Staatsrechtler Hans-Michael Heinig sei auffällig, dass sich breite Kreise in der Partei einer Sprache bedienen, wie sie für die verfassungsfeindlichen Kräfte der Weimarer Republik und die rechtsextremistischen Szenen in der Bundesrepublik typisch sind. Natürlich bietet das Handelsblatt dann – auch hier ein übliches Muster in der politischen Auseinandersetzung – den Politikern das nötige Forum: Der CDU-Innenpolitiker Patrick Sensburg glaubt nicht, dass die Empfehlungen der AfD helfen werden, einer geheimdienstlichen Beobachtung zu entgehen. Auch aus der Sicht des Grünen-Fraktionsvizes Konstantin von Notz dokumentierten die Verantwortlichen in der AfD mit dem Gutachten eine „extreme Radikalisierung“ der Partei. Diese komme offenbar zur Selbstdiagnose, dass die AfD verfassungsrechtlich verloren ist“. Auch der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner forderte die Beobachtung der AfD, weil sie die „Grundrechte und Grundwerte unserer freiheitlichen Verfassungsordnung aktiv bekämpft“.

Von einem solchen Kanonendonner schwirrt dem interessierten Beobachter schon einmal der Kopf: Zeitgleich mit dem Handelsblatt Artikel findet sich nämlich – an schwer zugänglicher Stelle – unter www.presseportal.de eine Presseerklärung von Prof. Dr. Dietrich Murswiek, mit der dieser die aktuelle Medienberichterstattung zu seinem Gutachten in scharfer Form richtig stellt und den Eindruck ausdrücklich als falsch bezeichnet, aus seinem Gutachten gehe hervor, dass die AfD “ein Fall für den Verfassungsschutz” sei. Weiter heißt es dort: “Mein Gutachten befasst sich überhaupt nicht mit der Frage, ob die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf, sondern es stellt allgemein die rechtlichen Voraussetzungen dar, die erfüllt sein müssen, damit der Verfassungsschutz eine politische Partei beobachten darf.“ Bisher lässt sich seine Richtigstellung allein dem Portal www.finanzen.net entnehmen und ich vermute mal sehr stark, dass es auch bei dieser einen Meldung bleiben wird.

Was ich schon mit meiner letzten Stellungnahme zu dem di Fabio Interview festgehalten habe, gilt natürlich Wort für Wort auch hier: Wir sind es doch, die dem Rechtsstaat verpflichtet sind, wir sind es doch, die den Finger in die Versäumnisse und Fehler der Altparteien legen, wir sind es doch, die auf die Rechtsverstöße hinweisen und eine verfassungswidrige Einwanderungspolitik rügen!

Wir sollen vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Nein, wir schützen die Verfassung

Murswiek

Bezug: Finanzen.net