Wer hat Angst vor dem Mann mit Schlapphut? Update
Update: Verwaltungsgericht untersagt Verfassungsschutz Beobachtung der AfD. Addendum zur aktuellen Entwicklung am Schluss des Artikels.
Aus den gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen unserer „Regierungsmedien“ verlautbarte gestern Morgen, dass unsere bisher beim Verfassungsschutz als Prüffall geführte Partei dort nun schon seit dem 25. Februar 2021 als sogenannter Verdachtsfall behandelt wird. Die Behörde selbst äußert sich angeblich wegen eines vor dem Verwaltungsgericht Köln mit der Partei geschlossenen Stillhalteabkommens bisher nicht. Hinzu kommt zu diesem weiteren, sich bereits abgezeichnet habenden Skandal der Merkel-Regierung, dass hier ein interner Vorgang durchgestochen und damit die Autorität eines unabhängigen Verwaltungsgerichtes missachtet wurde. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand unserer Medien, dass dieser ungeheuerliche, knapp zwei Wochen vor anstehenden Landtagswahlen publizierte Vorgang zwar von unserer „vierten Staatsgewalt“ durchaus an herausgehobener Stelle angesprochen, einer kritischen Bewertung jedoch nicht unterzogen wird. Allerdings kann dieser weitere Affront gegen uns nicht unkommentiert bleiben, so dass ich an dieser Stelle nun schon zum dritten Mal zu dem leidigen Thema AfD und Verfassungsschutz Stellung nehmen muss.
Der Wechsel an der Spitze des Verfassungsschutzes
Nachdem Horst Seehofer den vormaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes Dr. Hans-Georg Maaßen auf Geheiß der Kanzlerin abserviert und in den einstweiligen Ruhestand versetzt hatte, lieferte er dann wie bestellt am 15. November 2018 durch den von ihm installierten Satrapen Thomas Haldenwang. Nun wurde den Verantwortungsträgern in unserer Partei doch schnell klar, wohin die Reise des Verfassungsschutzes unter seinem neuen Präsidenten gehen sollte, denn schon wenige Wochen danach wurde Anfang 2019 öffentlich verkündet, dass unsere Partei nun als sogenannter Prüffall geführt wird. Der Bundesvorstand unserer Partei gewann zwar ein hiergegen eingereichtes Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln, weil das Gesetz eine derartige Verlautbarung schlichtweg nicht vorsieht. Allerdings nahmen unbeschadet hiervon die Aktivitäten des Verfassungsschutzes ihren ungestörten Fortgang. Auch in den neuen Bundesländern wurden auf der Ebene der Landesverfassungsschutzämter mittlerweile vier Landesverbände in den dortigen Akten geführt. Nun allerdings schrillten im Bundesvorstand sämtliche Alarmglocken, man berief eine Prüfungskommission ein, ließ ein umfangreiches Gutachten eines Verfassungsrechtlers erstellen und gab entsprechende Handreichungen für die Mitglieder in unsere Landesverbände, auf welchem Wege eine künftige Beobachtung der Partei vermieden werden könnte. Nach einer längeren, sorgfältig abgewogenen Entscheidungsfindung fand man schließlich eine Lösung, die maßgeblich darin bestehen sollte, die Partei zu säubern, auf Stromlinie zu bringen und dem Verfassungsschutz insbesondere dadurch keine Angriffsflächen zu bieten, dass man sich im Wege des Parteiausschlusses von unliebsamen Mitgliedern trennte. Auch sonst sollte den Behörden durch wiederholt akzentuierte Betonung der zwischenzeitlichen Auflösung des „Flügels“ und durch öffentliche Verlautbarungen ein verfassungskonformes Bild der Partei vermittelt werden. Auch die Äußerungen unseres Bundessprechers auf dem jüngsten Bundesparteitag in Kalkar fügten sich ein in diese Kategorie, mit denen er nach eigenem Bekunden öffentlich gegenüber den Ämtern zum Ausdruck bringen wollte, dass Extremisten in unserer Rechtsstaatspartei keine Heimat finden können. Dieses Konzept ist mit dem jüngsten Vorgehen von Thomas Haldenwang nun endgültig gescheitert.
Linke Angriffe gegen Konservative
Warum musste unser Bundesvorstand in dieser so außerordentlich bedeutsamen Frage zwangsläufig scheitern? Nun, ich warne davor, es sich hier recht einfach zu machen und sich damit zu begnügen, man habe eben unsere „Rabauken“, unsere Anhänger des ehemaligen „Flügels“, unsere „Unbotmäßigen“ nicht zur Vernunft bringen und diese hätten sich eben nicht von selbst mäßigen können. Man sollte vielmehr nicht in sozialistischer Manier mit dem Finger auf andere zeigen und es sich bei einer Analyse zu einfach machen. Nein, bei einer tieferen Bewertung wirft diese Niederlage einen schlaglichtartig erhellten Blick auf das generelle Scheitern von Konservativen gegenüber den Angriffen von Linken. Bei einer solch grundlegenden Betrachtung sind für mich zwei Punkte von ganz entscheidender Bedeutung:
Zum einen geht der Konservative immer von einem gefestigten Staatsbild aus, einem Staat, der sich an Regeln hält, der es gut mit seinen Bürgern hält, dem man wegen seiner Daseinsfürsorge zum Dank verpflichtet ist, und zu dessen Leitungselite an den Führungshebeln der Macht man letztlich irgendwann fügsam dazu stoßen möchte. Nach diesem Vorverständnis kommt für den Konservativen grundsätzlich die Wahl offensiver Mittel nicht in Betracht, weil er von einer politischen Auseinandersetzung ausgeht, in der ihm auch die Gegenseite mit fairen Mitteln begegnet. Ein solches Agieren ist aber heute zum Scheitern verurteilt, denn mit einem fairen Wettstreit haben wir es momentan auf Seiten unserer weit überwiegend aus dem neosozialistischen Lager stammenden Widersacher nicht zu tun.
Zum anderen dürfte unser, sich als bürgerlich konservativ verstehender Bundesvorstand einem Denkansatz unterliegen, welcher die Vergangenheit verklärt und aus den damals noch geregelten Verhältnissen des Staatswesens politische Handlungsanweisungen für die Zukunft ableiten will, die aber heute bar jeglicher Realität sind. Auch können sie unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Herrschaftsanspruchs der Altparteien nur als völlig unzureichend bezeichnet werden. Nur auf der Grundlage einer solch irrealen Vorstellung hat man sich auf einen von Anfang an wenig tragfähigen Weg begeben, wonach man sich nur mäßigen und „altparteienkompatibel“ werden müsse, um dem Verfassungsschutz das Instrument einer Beobachtung aus der Hand zu schlagen.
Schlußfolgerungen
Nun, was ist zu tun, nachdem das Kind nun einmal in den Brunnen gefallen ist?
Nach außen sollten wir uns nun möglichst schnell und einvernehmlich darauf verständigen, dass wir diese rechtswidrige Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes zum Nachteil unserer Partei als das benennen, was sie ist, nämlich eine politische Kriegserklärung an uns. Auch wenn es mir an dieser Stelle als Vorsitzender unseres Schiedsgerichts gut anstehen würde, möchte ich mich hier nicht erneut zu der Rechtswidrigkeit der Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch den Bundesinnenminister äußern. Ein solches Vorgehen ist in der demokratisch verfassten, westlichen Welt völlig einmalig. Die Rechtswidrigkeit dieses Tuns liegt auf der Hand, und meine Ausführungen in den beiden Kommentaren an dieser Stelle vor gut zwei Jahren gelten insoweit bis heute unverändert fort. Auch durch einen Blick in das von dem Bundesvorstand angestoßene Gutachten von Prof. Dr. Dietrich Murswiek kann man sich hinreichend informieren. Den Altparteien geht es weder um die Verfassung noch um das Recht. Es geht ihnen seit unserem Einzug in die Parlamente ersichtlich darum, uns als Wettbewerber um ihre „Pfründe“ noch im laufenden Wahljahr möglichst öffentlichkeitswirksam zu unterdrücken und letztlich auszuschalten, denn es ist ihnen bisher nicht gelungen, unsere Programmatik und unsere Konzepte politisch argumentativ zu widerlegen und zu entkräften. Ein solches politisches Agieren kann man nur als Kriegsführung bezeichnen und aufdecken. Wir müssen uns diesem Plan der Regierung jetzt offensiv mit aller Kraft entgegenstellen, sonst könnte es uns schlimmstenfalls so ergehen, wie seinerzeit den Republikanern, denen der jahrelange Rechtsstreit gegen den bayerischen Verfassungsschutz bis hin zu einem Obsiegen vor dem Bundesverfassungsgericht letztlich nichts mehr geholfen hatte. Mittlerweile waren sie nämlich über die Jahre in der Bedeutungslosigkeit versunken. Der damals als bayrischer Staatsminister des Inneren zuständige Günther Beckstein musste übrigens im Nachhinein einräumen, dass man sich seinerzeit über die Verfassungswidrigkeit der Beobachtung dieser Partei bewusst war.
Nach innen sollten wir nach der gestern bekannt gewordenen Entscheidung des Verfassungsschutzes dem zu befürchtenden Verlust von Mitgliedern aus dem öffentlichen Dienst ebenso offensiv entgegentreten. Zunächst müssen wir diesen Mitgliedern sehr viel Verständnis entgegenbringen und ihnen vor allem Mut machen. Weiter sollte ihnen klar gemacht werden, dass die verhängnisvolle Entscheidung des Verfassungsschutzes nach Möglichkeit durchaus ignoriert werden kann und muss. Zwar können wir nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsschutz nunmehr mit den nachrichtendienstlichen Mitteln wie etwa der Telefonüberwachung gegen uns vorgehen und auch V-Leute einsetzen kann. Ausgenommen hiervon sind übrigens sämtliche Mandatsträger und auch Bewerber um Landtags- und Bundestagsmandate, die momentan noch nichts zu befürchten haben. Aber auch für das einfache Mitglied, ob aus der freien Wirtschaft oder aus dem öffentlichen Dienst, spielt es gegenwärtig noch keine bedeutsame Rolle, dass unsere Partei nun unter Beobachtung steht. Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst sind erst dann gefordert, sich über einen möglichen Austritt Gedanken zu machen, wenn ein unabhängiges Gericht rechtskräftig festgestellt hat, dass es sich bei der Alternative für Deutschland um eine verfassungsfeindliche Partei handelt. Angst ist ein schlechter Ratgeber und wir haben jedenfalls als eine insbesondere dem Rechtsstaatsprinzip verpflichtete Partei keine Angst vor dem Mann mit Schlapphut.
Ein Kommentar von Gereon Bollmann, Vorsitzender des Landesschiedsgerichts der AfD Schleswig-Holstein
Addendum vom 5. März 2021, 12:15 Uhr
Verfassungsschutz in seine Schranken verwiesen!
Mit Verwaltungsrichtern, die sich ihrer Unabhängigkeit bewusst sind, sollte man es sich nicht verscherzen! Wie eingangs erwähnt, war hier von einem Verstoß des Bundesverfassungsschutzes gegen die vor dem Verwaltungsgericht Köln eingegangene Stillhaltevereinbarung auszugehen. So etwas mögen Richter nicht!
Soeben geht über den Ticker, dem Verfassungsschutz sei aufgrund einer Eilentscheidung durch das Verwaltungsgericht Köln vorläufig untersagt worden, unsere Partei als Verdachtsfall einzustufen oder zu behandeln. Weiter wurde es dem Verfassungsschutz untersagt, eine derartige Behandlung erneut bekanntzugeben. Es steht mir hier nicht an, den beteiligten Verwaltungsrichtern ausdrücklich für ihren Mut zu danken, denn eine Entscheidung allein nach Recht und Gesetz ist ihre tägliche Aufgabe. Allerdings ist eine solche Entscheidung gleichwohl bemerkenswert, denn sie ist insbesondere unter dem Druck der aktuellen Verhältnisse – ebenso wie die Entscheidung ihres Kollegen von dem Amtsgericht Weimar zu der unzulässigen Coronapolitik der Kanzlerin – ersichtlich gegen die machterhaltende Politik der Kanzlerin und ihres Innenministers gerichtet. Nicht nur die Medien, soweit Kommentare hierzu in den letzten beiden Tagen zu verzeichnen waren, haben ja das Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen uns begrüßt. Auch Abgeordnete aus den Fraktionen sämtlicher Altparteien haben sich der zur Unzeit bekannt gewordenen Beobachtung wohlwollend angeschlossen.
Momentan haben wir uns mit dieser Entscheidung zumindest eine kleine Atempause in unserem Ringen verschafft. Es bleibt abzuwarten, wie die Kollegen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen die Angelegenheit bewerten. Wenn es schlecht läuft, verbleibt uns nur diese kleine Zeitspanne in dem laufenden Verfahren. Diese müssen wir unbedingt zu einer weiteren Beruhigung unserer Mitglieder, aber auch zu einem dringend angezeigten Wechsel hin zu einer offensiveren Politik gegenüber dem Verfassungsschutz nutzen.