Zu Gast bei dem Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM)

KSM-Besuch-2023

Zum Beginn des 21. Jahrhunderts werden die Schlagzeilen durch die Zunahme der globalen Konflikte, einen eskalierenden Krieg in Europa und eine latente Bedrohung durch international agierende Terrorstrukturen bestimmt, und die Folgen bekommt auch Deutschland immer stärker zu spüren. Vor diesem Hintergrund ist der fahrlässige Umgang mit der Bundeswehr im Allgemeinen kritisch zu betrachten.

Die bekannteste Maßnahme zur Zerstörung unserer militärischen Wehrfähigkeit hat die CDU zu verantworten, deren Verteidigungsminister im Jahre 2011 die Aussetzung der Wehrpflicht durchgesetzt hat. Die Folgen sind in der Truppe bis heute deutlich spürbar. Neben personellen Engpässen fehlt es an Gerät, Infrastruktur und moderner Ausstattung. Auch das untaugliche Beschaffungssystem und vollkommen falsch gesetzte Prioritäten schwächen unsere Verteidigungsfähigkeit ernsthaft und massiv.

Auch die „Problematik Puma“ sorgte in der Vergangenheit für Kopfschütteln. Die Feinstaubwerte dieses Schützenpanzers sollten so hohe Standards erfüllen, dass sogar Schwangere dort hätten arbeiten können. Für welche realistische Kriegssituation das nützlich wäre, bleibt bis heute offen.

Ausschlaggebend für meinen Besuch speziell beim Marinestützpunkt Eckernförde war die Nachricht, dass der Auftrag für die bestellten Einsatzboote für das KSM von der finnischen Werft „Boomeranger“ storniert wurde, da die Werft sich nun doch nicht in der Lage sah, die speziellen Anforderungen der Ausschreibung zu erfüllen.
Der Anforderungskatalog sah neben militärischen Ansprüchen nämlich auch strenge ökologische Vorgaben als notwendig an. Nach diesem traurigen Ergebnis muß die Eliteeinheit für mindestens weitere zwei Jahre ohne moderne Boote auskommen und auf ihrem völlig überalterten Bootsmaterial trainieren.

Schlechte Ausbildungsmöglichkeiten sind für die Soldaten des KSM allerdings nichts neues. Seit 13 Jahren verfügt die Spezialeinheit über keine eigene Tauchhalle und ist somit gezwungen, auf dutzende von Kilometern entfernte, zivile Schwimmhallen auszuweichen. Aber auch an kleineren Projekten scheitert es immer wieder. Der langsame und aufwendige Beschaffungsprozess kann schlichtweg nicht mit dem technischen Entwicklungsfortschritt mithalten. So erklärte mir der Kommandeur anhand einiger Beispiele die Misere bei den für den Einsatz dringend benötigten Nachtsichtgeräten. Diese würden von dem Zeitpunkt der Bedarfsanmeldung bis zur fertigen Lieferung bereits veraltet sein und damit einen taktischen Nachteil für die Soldaten darstellen. Im persönlichen Gespräch mit den Soldaten vor Ort wurden aber noch viele weitere Defizite ersichtlich.

Es wird von den Elitesoldaten – angefangen vom Fallschirmspringen, bis hin zum Tauchen im militärischen Einsatz – enorm viel abverlangt. Die für ein optimales Training notwendigen Rahmenbedingungen sind indes nicht verfügbar und werden auch nicht geschaffen. Dem KSM steht noch nicht einmal ein Schießstand zur Verfügung, der den hohen Trainingsansprüchen gerecht werden kann. Um das auszugleichen, wird das Schießtraining teilweise in die USA ausgelagert. In Anbetracht der hohen Anforderungen an die Elitesoldaten des Kommando Spezialkräfte im Einsatz und die schweren Defizite bei der Einsatzvorbereitung, muss man das nach wie vor hervorragende Pflichtbewusstsein der Soldaten besonders betonen. Trotz aller Versäumnisse der Politik, der suboptimalen Ausbildungssituation, des teilweise veralteten Einsatzmaterials und der mangelnden Anerkennung, war kein Frust bei den Männern zu erkennen. Man konnte allerdings aus den Gesprächen deutlich heraushören, dass der Wunsch nach einer Verbesserung der Situation äußerst groß ist.

Die Beschaffungsprozesse müssen beschleunigt, das Ausschreibungsverfahren den Bedürfnissen der Bundeswehr angepaßt und darüber hinaus ein neues Bewusstsein für die Belange der Soldaten geschaffen werden. Die enormen körperlichen und psychischen Herausforderungen, die die Mitglieder dieser hervorragenden Spezialeinheit zu bewältigen haben, müssen sich in der Ausrüstung und der Infrastruktur widerspiegeln, um sie optimal auf ihre Einsätze vorbereiten zu können.

Dies ist bisher offensichtlich nicht der Fall, so daß ich in unserer Bundestagsfraktion intensiv für diese Thematik werben und als starke Stimme für die Belange der Soldaten eintreten werde. Als Abgeordneter meines Wahlkreises Rendsburg-Eckernförde, in dem auch ich meine Wehrpflicht abgeleistet habe, werde ich weiterhin einen besonderen Fokus auf diese wichtige Thematik legen.

Ich bedanke mich bei dem Kommandeur des KSM und seiner Einheit für das freundliche und vertrauensvolle Gespräch.

Ende Juli 2023 besuchte Gereon Bollmann den Marinestützpunkt in Eckernförde erneut.